Diese Ruhe. Es knistert, rauscht, es knackst. Doch ansonsten - absolute Stille. Ich bin ein Fan vom Wald und seiner beruhigenden Wirkung. Schon zu Pferd habe ich diese Erfahrung geliebt - wenn das Moos oder der Schnee unter den Hufen nachgibt und die Welt still zu stehen scheint. Jetzt besuche ich den Wald zwar zu Fuß, aber trotzdem kann ich ihm immer noch genauso viel abgewinnen. Was mir früher aber nicht bewusst war, ist seine heilende Wirkung.
Das ein Aufenthalt im Wald einen nicht nur entspannt, sondern auch eine gesundheitsfördernde Wirkung hat, haben Wissenschaftler vor allem in den letzten Jahren herausgefunden. Wenn man sich eine Weile im Wald aufhält und einfach nur dem "stillen Nichts" lauscht, kann man fast gar nicht mehr anders, als einen Gang runterzufahren. In der heutigen Zeit scheint es oft ein Geschenk zu sein, wenn man abschalten und einfach nur mal sein darf. Und wieso dann diese einfache und jedermann frei zugängliche Auszeit nicht öfter und besser für sich nutzen?
Nicht nur der Geist findet inmitten der hölzernen Riesen wieder zu sich, auch im Körper passiert eine ganze Menge - viel mehr, als uns allen bewusst ist. "shinrin-yoku", das "Baden in der Waldluft", hat in Japan eine lange Tradition. Seit 2012 gibt es dort sogar einen eigenen Forschungszweig, den der "Waldmedizin" sowie viele Waldtherapiezentren, in denen diese Art von Auszeit professionell angeboten wird. Auch bei uns ist diese Form der Erholung mittlerweile wissenschaftlich anerkannt und kann vielerorts gebucht werden.
Mittlerweile gibt es auch zahlreiche Studien, die belegen, dass das Stresshormon Cortisol bei einem Spaziergang im Wald deutlich absinkt - und zwar nicht nur für den Moment, sondern das dieser Effekt noch Tage anhält! Das gleiche gilt für den Blutdruck - und den Blutzuckerspiegel, sogar im bloßen Sitzen. Doch man fragt sich doch: Wie macht er das? Wie erlangt ein Baum bzw. die Natur so großen Einfluss auf unseren Körper und sogar auf unser Immunsystem?
Die Waldluft ist es, die direkten Einfluss auf unser Abwehrsystem hat, denn sie lässt die Zahl der sogenannten "Killerzellen" deutlich ansteigen. Diese kleinen Helfer bekämpfen Zellen, die von Viren, Bakterien oder sogar Krebs beeinträchtigt sind. Die Forschergruppe um Dr. Quing Li, Präsident der japanischen Gesellschaft für Waldmedizin, hat herausgefunden, dass ein Tag im Wald die Anzahl der Killerzellen eine ganze Woche lang signifikant ansteigen lässt. Nach zwei oder drei Tagen sind sie sogar noch bis zu 30 Tage in unserem Blut nachweisbar. Verrückt, oder?
Außerdem profitieren wir von der Kommunikation der Pflanzen untereinander, nämlich durch ihre Botenstoffe. Mit diesen warnen sie sich vor Schädlingen, denn eine noch nicht geschädigte Pflanze kann so schon mal ihr Abwehrsystem hochfahren - das nenne ich mal Teamwork! Ca. 900 Pflanzenfamilien und 2000 Duftstoffe wurden zugeordnet. Vor allem geht es hier um Terpene, die auch in ätherischen Ölen Vorkommen und nicht nur von Bäumen, sondern auch von Moosen, Farnen, Kräutern oder Pilzen abgesondert werden. Genau dieser Mix an Botenstoffen ist es, den wir mit unserer Haut und unserem Atem in uns aufnehmen und die so unser Immunsystem stärken können. Der Nadelwald kann hier besonders Punkten: Der harzig-würzige Duft hat eine positive Wirkung auf unsere Bronchien, denn er wirkt heilend und desinfizierend. In Kombination mit der Feuchtigkeit, die sich mitunter an den feinen Nadeln in Form von Tautropfen bildet, empfinden wir die duftende Waldluft als herrlich erfrischend. Schon faszinierend dieses komplexe Ökosystem, das uns umgibt...
Dem "Nichts" lauschen, tief einatmen, riechen und fühlen - zusammen mit der haptischen Erfahrung, kann regelmäßiges "Waldbaden" also helfen Dein Immunsystem dauerhaft auf ein neues Level zu heben. Weiterführende Lektüre gibt es genügend, z.B. "Shinrin Yoku - Heilsames Waldbaden" von Yoshifumi Miyazaki oder auch eine deutsche Variante von Rainer Schall namens "Waldbaden mit allen Sinnen".
Ich hoffe, ich konnte Dich hiermit ein wenig inspirieren: Nimm` Dir Zeit für Dich, sei achtsam und nutze, was die Natur uns ohne Erwartungen einfach schenkt. In diesem Sinne: YOUCAN!
Deine Kristin.