Wenn man hierzulande in den Supermarkt geht, dürfte man meinen uns fehlt es an nichts. Und ja, sicherlich geht es uns nicht schlecht. Ein bunter Farbklecks voller Obst und Gemüsesorten empfängt uns schon am Eingangsbereich, um uns die vermeintliche Frische zu suggerieren in die wir zwischen den Regalen eintauchen sollen. Doch meistens haben die Produkte, die uns Mutter Erde geschenkt hat mehr als nur eine lange Reise hinter sich.
Wusstest Du, dass Orangen, die schon seit einem Jahr im Kühlhaus auf ihren Verzehr warten, uns immer noch als "frische Orangen" verkauft werden dürfen? Als ich das gelernt habe, musste ich ganz schön schlucken - ganz schön bitter würde ich sagen. Denn wenn man bedenkt, dass das zusätzlich zu früher Ernte, Spritzmitteln und langen Transportwegen noch on top kommt, ist es kein Wunder, dass das heutige Obst und Gemüse nicht mehr die Qualität und Nährstoffdichte widerspiegelt, die wir früher mal in der Lage waren einzukaufen.
Natürlich sollte man generell vor allem bewusst und regional einkaufen, oder am besten von der hauseigenen Ernte zehren, aber vielen Menschen ist das leider nicht (immer) möglich.
"Eat a rainbow" - also bunt und vielseitig genießen, heißt es auch immer so schön. Doch auch das gestaltet sich in der Alltagsrealität schwerer, als man denkt. Meist greifen wir immer wieder zu den selben fruchtigen Begleitern, die uns schmecken, zum Rezept passen, das wir schon auswendig im Kopf haben oder vielleicht sogar preiswerter sind. Ein anderer Punkt ist, dass uns die Lebensmittelindustrie vor allem mit den süßen Sorten versorgt, die uns mittlerweile doch allen so viel besser schmecken. Auch der Anbau von Monokulturen verstärkt das eben genannte Phänomen noch weiter und die für uns so wichtigen Bitterstoffe werden Stück für Stück von unserem Speiseplan verdrängt. Sie wurden im wahrsten Sinne des Wortes "herausgezüchtet", um unsere Geschmacksnerven auf die Lockstoffe der Lebensmittelindustrie zu polen. Alleine hierzu könnte ich Bände verfassen. Mitunter auch dem Einsatz von Geschmacksverstärkern und Süßstoffen haben wir diese Entwicklung zu verdanken. Aus diesem Grund bevorzugen wir heute also vor allem süße, salzige, saure, scharfe und herzhaft-pikante Geschmackserlebnisse. Doch ist das wirklich gut so? Was sind Bitterstoffe also genau und warum sind sie so unglaublich wichtig für uns?
Bitterstoffe, wie sie z.B. in Wirsingkohl, Indiviensalat, Chicoree oder auch in Schalen mancher Früchte vorkommen, sind im Grunde keine eigene Art der sekundären Pflanzenstoffe, vereinen aber all diejenigen unter sich, die bitter schmecken und nicht giftig sind. Sie sind vor allem für die Regelung der Verdauungsfunktionen förderlich sind. Da diese Funktionen aber eine Grundvoraussetzung für eine allumfassende Gesundheit darstellen, sind Bitterstoffe so viel mehr als bloße verdauungsfördernde Stoffe. Sie sind für uns wichtige Schutz- und Heilstoffe, die uns heute durch die Züchtung von weitestgehend bitterstoffarmen - oder sogar freien Lebensmitteln sehr fehlen. Auch die oben genannten Beispiele sind teilweise davon betroffen. Unsere ursprüngliche Ernährung umfasste dagegen eine Vielzahl stark bitterstoffhaltiger Wurzelgemüse, Blattgemüse und Wildpflanzen. Kohlenhydrate & Co. hatten für unsere Vorfahren nämlich einen ganz anderen Sinn und Stellenwert, nämlich schwere Winter zu überstehen oder unter schwersten Voraussetzungen Nahrung für eine ganze Familie aufzutreiben.
Fakt ist jedenfalls, dass die Unterversorgung unserer Zellen mit Mikronährstoffen - wie sie in Obst und Gemüse mitunter in Form von Bitterstoffen vorkommen-, eine starke Auswirkung auf das Allgemeinbefinden der Menschen haben kann und viele der typischen Zivilisationskrankheiten - wie zum Beispiel Sodbrennen, Reflux, Blähungen, Verstopfung & Co., aber auch Allergien, Autoimmunerkrankungen oder chronische Entzündungen - verursachen oder auch fördern kann. Denn nur wenn die Verdauung optimal funktioniert, kann das eben auch der Rest: Zum einen können Nähr- und Vitalstoffe nur dann vom Körper optimal aufgenommen und verwertet werden, wenn das Verdauungssystem gesund ist. Zum anderen kann nur dann der Abtransport von Giftstoffen oder schädlichen Abfallprodukten des Stoffwechsels schnell und einwandfrei erfolgen. Und nur dann kann uns unser Immunsystem aktiv und wirksam schützen - nur wenn unser Verdauungssystem dazu in der Lage ist effektiv zu arbeiten. Und dazu braucht es eben mitunter was? Genau, Bitterstoffe - das ist die bittere Wahrheit!
Denn die wenigen Jahrzehnte bitterstoffarmer Ernährung lassen unseren Körper natürlich nicht die Entwicklung von Jahrmillionen schlagartig umprogrammieren. Wir neigen immer dazu unseren Körper mit einem iPhone zu vergleichen, das jedes Jahr mit neuem Design und angepasster Software auf den Markt kommt. Doch am Ende des Tages sind auch wir einfach nur Natur. Für mich war es ein langer Prozess, das zu verstehen, zu akzeptieren und mein Leben entsprechend darauf auszurichten. Mittlerweile habe ich es aber geschafft und mein Körper dankt es mir tagtäglich mit einem Plus an neuer Lebensqualität - jetzt und auch in Zukunft. Denn wie wir jetzt wissen steht und fällt alles mit einer optimalen (Mikro-)Nährstoffversorgung natürlicher Basis - auch schon zu Kindertagen! Sogar die heutzutage so bekannten Heißhungerattacken lassen sich hiermit sehr gut bekämpfen, da sie eigentlich nur Ausdruck des stillen Hungers sind unter dem unser Körper durch diesen Nährstoffmangel oftmals leidet.
Doch bei all der Schwarzmalerei gibt es natürlich auch gute Nachrichten: In bestimmten Lebensmitteln sind Bitterstoffe noch in Hülle und Fülle zu finden. Halte also zum Beispiel Ausschau nach Wildpflanzen, Kräutern, Friseesalat oder zum Beispiel auch Zuckerhut. Einfach und vor allem auch kostengünstig, kann man sich natürlich auch in der freien Natur mit Bitterstoffen versorgen, wenn man sein Auge dafür ein wenig schult: Löwenzahn, Schafgarbe oder die Wegwarte sind hier noch gut zu finden und lassen sich perfekt mit anderen Salaten oder Zutaten für Smoothies kombinieren. Auch unter den Gewürzen findest Du Bitterstoffe, wie zum Beispiel in Kardamom, Kümmel, Koriandersamen oder Fenchel. Sie sind deshalb auch beliebte Brotgewürze, denn sie machen frische Brote etwas verdaulicher und können deinen Körper so bestens unterstützen. Last but not least solltest Du aufgrund ihrer Fülle an Bitterstoffen nicht auf Gewürznelken, Zimt, Ingwer oder Wacholderbeeren verzichten.
Ich hoffe ich konnte Dich ein wenig dazu inspirieren wieder mehr bitterstoffhaltige Lebensmittel auf deinem Speiseplan zu integrieren und Dich für die Wichtigkeit von sekundären Pflanzenstoffen sensibilisieren. Mein neues Lieblingsrezept aus frischem Wirsingkohl findest Du deshalb bald auf meinem Blog in der Living-Rubrik.
Bis dahin wünsche ich Dir, dass Du deine Liebe zu Bitterstoffen wieder entdeckst, denn die kann einfach sooo unglaublich lecker sein! :)
In diesem Sinne bis bald, deine
Kristin.